Du bist hübsch! - Ja ▢ Nein ▢ Vielleicht ▢ Komplimente und Lob I

by FKL

Komplimente und Lob sind das Öl, das unser soziales Leben geschmeidig hält, oder in Flammen aufgehen lässt. Manchen Menschen fliegen sie zu, anderen gehen sie leicht und überzeugend von den Lippen. Diese Menschen haben meist einen natürlichen Charme und Selbstbewusstsein. Doch es gibt auch diejenigen, bei denen Komplimente zu einem Zirkeltraining aus Spießrutenlauf, Fettnäpfchenbaden, political-correctness-Hemmungen und peinlicher Stille werden. - Sowohl beim geben, als auch beim erhalten. Wie kommt das?

 

Mit Komplimenten und Lob

Wie wir mit Komplimenten umgehen lernen wir in der Kindheit. Wenn unsere Eltern und Lehrer uns gelobt haben und das glaubhaft und angemessen war, haben wir meist ein starkes Selbstbewusstsein entwickelt und kommen mit Komplimenten gut zurecht. Wir sind ja erfahren darin, sie zu bekommen und können sie daher auch selbst geben. Jemand anderen zu loben fällt leicht, wenn man seine eigenen Stärken kennt. Wer eine realistische Einschätzung seiner Schwächen und Stärken hat, weiß auch, dass andere (versteckte) Stärken haben und niemand vollkommen ist.

 

Kleiner Exkurs:

Je weniger Angst, desto freier der Geist. Je freier der Geist, desto kreativer und weiter von gängigen Assoziationen abweichend die Ideen. Je kreativer die Ideen, desto revolutionärer und besser durchdacht die daraus folgenden Taten. - Jedenfalls meistens.

 

Ohne Komplimente und Lob

Anders ist das, wenn wir nur selten Komplimente oder Lob erhalten haben. Das Selbstbewusstsein ist womöglich dadurch schwächer ausgeprägt. Man kann eigene Stärken oft nicht gut als solche erkennen, oder schämt sich, darüber zu reden. In vielen Familien, Büros und Schulen herrscht die Einstellung: Schlechte Leistung wird getadelt, gute Leistung ist selbstverständlich und daher nicht erwähnenswert. - Das ist leider der schlechteste Weg zu Motivation, Leistung und Selbstvertrauen. Hier winkt nämlich nicht die Aussicht auf Belohnung oder Bestärkung, die den eigenen Willen entfesselt. Nein, hier wirkt die Angst vor Strafe und Demütigung, die Kreativität und Mut deutlich einschränkt.

 

Kompliment erhalten - und jetzt?! 

HERUNTERSPIELEN

Wer gehemmt von so viel Ballast ein Kompliment erhält, der weiß oft gar nicht, wie er nun reagieren soll. - Weil die Erfahrung damit fehlt. Am einfachsten ist es daher, das Lob zu relativieren, damit es verschwindet und man normal weiter reden kann.

 

"Dieses Kleid steht dir wirklich sehr gut!"
"Das? Ach, das war ein Sonderangebot und hier ist ein Fleck, der nicht mehr raus geht…"

 

Ja schade. Das ist mir nicht aufgefallen und es sieht trotzdem gut aus, denn es betont deine Silhouette! - Und die besteht unabhängig vom Zustand deiner Garderobe.

 

KOMPLIMENTE-TENNIS

"Wow! Schickes Auto! - Oh danke! Deins ist aber auch toll!"

 

Komplimente-Tennis ist eine deutsche Konvention, und nicht ganz zu Unrecht. Ja, jeder fühlt die leichte Unehrlichkeit in der Antwort, aber wir sind sie so gewohnt, dass sie uns kaum noch auffällt. Es fiele eher auf, wenn keine Erwiderung käme. Das käme fast einer Beleidigung gleich. Wenn zwei hübsche Autos nebeneinander stehen, ist das ja noch leicht. Schwierig wird es, wenn man beim Gegenüber auf die Schnelle nichts adäquates findet.

 

"Wow! Schickes Auto! - Oh danke! Du, ähm, hast eine tolle Frisur!"

 

Klingt irgendwie peinlich, nicht? Warum tun wir uns das an? Ich vermute einerseits, weil uns eine exponierte Stellung - und sei es nur durch Worte - unangenehm ist und wir uns wieder an unser Umfeld angleichen möchten. Andererseits bieten Verhaltenskonventionen Sicherheit, denn es machen ja die meisten so und man muss sich nichts vorwerfen lassen.

 

Hier geht's zum zweiten Teil der Komplimente.